Nach 18 Jahren Pause schwinge ich seit 2020 wieder den Tennisschläger für den PSV Berlin. Da die Senioren-EM in Novi Sad Geschichte ist und Tischtennis gerade Sommerpause hat, geht es in diesem Beitrag statt um den kleinen weißen ausnahmsweise mal um den großen gelben Ball. Die fünf Mannschaftsspiele von Anfang Mai bis Mitte Juli in der Herren50-Verbandsliga entwickelten sich zu einem Krimi.
Rückblick
In den 90er Jahren nahm ich in Göttingen erstmals einen Tennisschläger in die Hand. Nach 10 Jahren Tischtennis-Oberliga brauchte ich eine neue Herausforderung. Es folgten zwei Vereinsmeister- und ein Kreismeister-Titel, während ich für zwei Göttinger Tennisvereine in der Herren30-Bezirksliga im Einsatz war. Wegen neuer beruflicher Verantwortung in Berlin hängte ich 2003 den Tennisschläger an den Nagel.
Fast zwei Jahrzehnte später stand mein Name beim Polizei SV Berlin (PSV) auf der Liste der Ersatzspieler. Im letzten Saisonspiel 2020 hatte ich einen Einsatz in Kleinmachnow. Trotz des Vereinsnamens war übrigens kein PSV-Mitglied Polizist. Beflügelt durch die Erfolge im Einzel und Doppel hatte ich wieder „Blut geleckt“ und gehörte ab 2021 zum Stamm-Team in der Herren50-Bezirksoberliga. Obwohl uns alle Spieler auf den ersten fünf Positionen Richtung TC Lichtenrade verließen, konnten wir die Klasse halten.
2022 gelang dank „Nachwuchs“ und neuer Nr. 1 Christoph sogar die Meisterschaft und der Aufstieg in die Herren50-Verbandsliga. Das erklärte Ziel für 2023/2024 war somit der Klassenerhalt. Mit zweimal Platz 4 gelang dies unserer Mannschaft sowie mir von September 2020 bis Juni 2023 eine Phase von 1.000 Tagen ohne Einzel-Niederlage.
An meinen letzten Sieg der Serie im Mai 2023 mit 4:6, 6:3 und 10:7 erinnere ich mich gut, weil mein Gegner große Probleme mit dem Ballwurf hatte und fast jeden seiner Aufschläge mehrfach ansetzen musste. Vermutlich war René durch seinen Nachnamen vorbelastet: Aufschlag :o) Ob 2025 erneut der Klassenerhalt in der Verbandsliga gesichert wurde oder auch diese Serie ihr Ende fand, wird gleich verraten.
Spiel 1: PSV – BTTC Grün-Weiß
Gleich im ersten Spiel der Saison hatten wir es mit dem hoch favorisierten BTTC zu tun. In jedem Einzel lag unsere LK im Schnitt fast 5 Punkte über der unserer Gegner. Für alle Nicht-Tennis-Experten: Leistungsklassen = LK gibt es von 1 bis 25, wobei kleinere Zahlen höhere Spielstärken signalisieren. So auch zwischen Jörg Kieschke und mir im Duell auf Position 3. Jörg war viele Jahre PSV-Mitglied sowie 2020 PSV-Vereinsmeister und kannte unsere gewöhnungsbedürftigen Kunstrasenplätze gut.

Nach 3:6 und 6:1 konnte ich im Match-Tie-Break eine 9:5-Führung sowie 5 Matchbälle nicht nutzen und kassierte beim 11:13 die vermutlich bitterste Niederlage meiner bisherigen Tennis-Karriere. Wichtiger aber, dass unser Team am Ende sensationell mit 5:4 gewann. Ausschlaggebend dafür war allerdings auch die verletzungsbedingte Aufgabe der Nr. 1 unserer Gäste, des vermutlich stärksten Spielers an diesem Tag. Es sollte nicht das letzte Saisonspiel mit diesem knappen Ergebnis für uns bleiben.
Spiel 2: Zehlendorfer Wespen – PSV
Auswärtsspiele bedeuten für unser Team immer einen enormen Nachteil. Ebenso wie Heimspiele uns einen überdimensionalen Vorteil bringen. Warum? Auf unserem seit 2021 neu verlegten Kunstrasen springen die Bälle deutlich flacher ab als auf dem sonst üblichen roten Sand, der für Spin und Geschwindigkeit steht. Als offensiver Spieler bevorzuge ich daher als einziger unseres Teams Sand bzw. Auswärtsspiele.
Trotz ihres Heimvorteils konnten die Wespen nicht „stechen“ und unterlagen uns mit 3:6. Zwei weitere Punkte für unser Ziel „Klassenerhalt“ waren gebucht. Christoph und Peter I. kassierten dabei im Doppel eine aus meiner Sicht unnötige Niederlage. Wie sich später zeigte, sollte es ihre einzige Saisonniederlage bleiben.
Neu im PSV-Team war Tulgan, den ich seit vielen Jahren vom Tischtennis kenne. Wir standen uns beim internationalen Lichtenrader PfingsTTurnier 2016 im Finale sowie in diversen TT-Ligaspielen gegenüber und sind seitdem befreundet. 2023 qualifizierten wir uns beide für die Norddeutschen Meisterschaften der TT-Senioren. Da lag es nahe, in Zehlendorf auch gemeinsam im Tennis-Doppel zu starten.
Spiel 3: PSV – Adlershofer TC
Die Wettervorhersage für den 25. Mai war ernüchternd. Trotz Dauerregen machten sich alle auf den Weg nach Kreuzberg und der Start wurde von 14:00 Uhr auf 17:00 Uhr verschoben. Während alle anderen Verbandsliga-Spiele dieses Sonntags komplett abgesagt wurden, starteten wir bei anhaltendem Regen mit drei Stunden Verspätung. Leider musste Jens nach 6:3 in Satz 1 bei 1:1 in Satz 2 wegen einer Wadenverletzung aufgeben. Ein wichtiger Punkt, der uns später fehlen könnte.
Unsere Kunstrasenplätze liegen mir nicht, schon gar nicht im feuchten Zustand. Ob ich allerdings gegen meinen starken Gegner unter besseren Bedingungen gewonnen hätte, ist fraglich. Nach unseren sechs Einzeln in zwei Durchgängen und beim Zwischenstand von 3:3 mussten wir wegen einsetzender Dunkelheit die Doppel auf den 10. Juli ab 18:00 Uhr vertagen. Hier wurde Jens durch Carsten B. ersetzt.
Da ich Carstens Trauzeuge bin und wir seit 20 Jahren eng befreundet sind, spielten wir gemeinsam Doppel. Auch, um mit Hartmut und Thomas ein starkes Doppel auf Position 3 zu ermöglichen. Diese Rechnung ging wie schon in Zehlendorf auf. Beim Stand von 4:4 blickte alles auf Doppel 1. Adlershof hatte sich einen hart aufschlagenden „Joker“ mitgebracht, der im Mai noch fehlte. Nach verlorenem Satz 1 konnten Christoph und Peter I. beim 11:9 im Match-Tie-Break das Blatt gerade noch zum 5:4-Endstand wenden.
Wegen Regenunterbrechung bzw. Fortsetzung Wochen später kamen wir und unsere Adlershofer Gäste gleich zweimal in den Genuss von Peters Kochkünsten. Während andere Clubs meist über eine Gastronomie verfügen, grillt und kocht unser Captain selbst und sorgt im Vorfeld auch für den abenteuerlichen Einkauf diverser Bierkisten per Fahrrad. Im Gegenzug wurde uns in Zehlendorf ein Spargelmenü serviert, bei Südring gab es selbstgemachte Lasagne mit Tiramisu und im Grunewald Pasta mit Filetstücken. Als Gastgeber ist man nach dem Match in der Pflicht, seine Gäste kulinarisch zu versorgen.
Spiel 4: BSC Eintracht/Südring – PSV
Dieses Match war für uns weniger ein Auswärtsspiel als ein Kreuzberger Lokalderby. Darüber hinaus spielt der BSC wie wir auf Kunstrasen, was zwar nicht mir aber meinem Team entgegen kam. Trotzdem reichte es für meinen zweiten Einzelsieg der Saison. Entscheidend für den 3:3-Zwischenstand nach den Einzeln war der Sieg von Thomas nach einem aussichtslosen Rückstand von 2:5 und 15:40 sowie verlorenem ersten Satz.
Erneut mussten die Doppel entscheiden. Im vierten Spiel ging ich mit dem vierten Doppelpartner an den Start. Nach Uwe, Tulgan und Carsten B. war nun Oliver an der Reihe. Und wieder ermöglichte unsere Kombi aus Nr. 3 und 6 ein starkes Doppel 3 aus Position 4 und 5, das wieder gewann, während Oli und ich Lehrgeld zahlten. Wie auch gegen Adlershof musste unser Doppel 1 den ersten Satz ihren Gegnern überlassen, holte sich aber Satz 2 und den Match-Tie-Break zum 5:4-Endstand.
Das nun schon dritte extrem knappe und wackelige 5:4 aus vier Spielen. Entweder sind wir vom Glück verfolgt oder besonders nervenstark. Oder beides? Plötzlich standen wir mit 8:0 Punkten ganz oben in der Tabelle und das Ziel Klassenerhalt war zu Meisterschaft/Aufstieg mutiert. Unglaublich, aber wahr …
Spiel 5: LTTC „Rot-Weiß“ Berlin – PSV
Show Down am 13. Juli beim renommierten Berliner Club „Rot-Weiß“ im Grunewald. Da „Grün-Weiß“, unsere Gegner aus Spiel 1, inzwischen ihre Spiele deutlicher als wir gewonnen hatten und über das bessere Spielverhältnis verfügte, half uns nur ein Sieg zur Meisterschaft. Auf den Positionen 1, 2, 3 und 6 wurde sich nichts geschenkt. Christoph verlor 9:11 im Match-Tie-Break und Peter I. zweimal im Tie-Break.
Beim 7:5 und 5:2 erwischte ich einen guten Start, bevor mein Gegner deutlich zulegte und mich in den Tie-Break zwang, den er mit 7:0 für sich entschied. Auch im finalen Match-Tie-Break lag der Captain der Gastgeber mit 3:0 vorn und machte somit 10 Punkte in Folge. Beim 1:4 aus meiner Sicht leitete ich mit einem offensiveren Spiel die Wende ein und gewann Satz 3 mit 10:5.
Auch Oliver konnte ein 2:7 im Match-Tie-Break noch zu einem 10:8 umbiegen. Thomas und der in allen fünf Einzeln der Saison ungeschlagene Hartmut gewannen in je zwei Sätzen. Somit stand es 4:2, was kurz zuvor nach 2:4 aussah. Noch ein Doppelsieg fehlte zur Meisterschaft. Unser Spitzendoppel war in Satz 1 beim 1:6 chancenlos. Auch Doppel 2 und 3 brachten den ersten Satz nur im Tie-Break nach Hause.
Am Ende gewannen wir unter Aufsicht eines externen Oberschiedsrichters erstmals alle drei Doppel. Sogar ich war nach bisheriger 0:4-Doppel-Bilanz an der Seite von Oliver erfolgreich. Im Gegensatz zum Tischtennis bin ich beim Tennis ein besserer Einzel-Spieler. Für das Doppel wichtige Volleys am Netz oder auch das Über-Kopf-Spiel sind für mich als eingefleischten TT-Spieler weiterhin gewöhnungsbedürftig.
Das „Wunder von Ber(li)n“ …
… war perfekt. In eine unglaubliche Saison sind wir gegen den Abstieg gestartet und am Ende Meister der Verbandsliga mit 10:0 Punkten! Unser 7:2 im letzten Spiel, das auch 4:5 hätte ausgehen können, zeigt die Leistungsdichte der Liga. Während unser Aufstieg in die Verbandsoberliga bereits feststeht, kämpft „Rot-Weiß“ am kommenden Sonntag im fünften und letzten Saisonspiel gegen „Grün-Weiß“ und den Abstieg.
Neben unserer Stammbesetzung aus Christoph, Peter I, mir, Thomas und Hartmut waren auch Carsten F, Uwe, Tulgan, Jens, Carsten B und Oliver im Einsatz. Das Titelfoto zeigt unser erfolgreiches Team bei „Rot-Weiß“ vor dem Steffi-Graf-Stadion, Schauplatz der alljährlichen BERLIN TENNIS OPEN, einem Rasenturnier der weltbesten Tennis-Damen. Charakteristisch für beide Peters: zu jeder Gelegenheit getragene Ganzjahres-Flip-Flops des einen und „after work“ heruntergezogene Kniebandagen des anderen.
Aktuell kursiert das Gerücht, dass wir auf unseren eher unprofessionellen Kunstrasenplätzen maximal Verbandsliga spielen dürfen. Geplant ist zwar, dass unsere 3 Plätze am U Südstern noch dieses Jahr einem Schulneubau weichen müssen, Ersatzplätze – ebenfalls Kunstrasen – aber zeitnah in Kreuzberg für unseren Club entstehen.
Es würde mich positiv überraschen, wenn hier in Berlin Bauvorhaben fristgerecht umgesetzt werden. Möglicherweise müssen wir uns für Frühling/Sommer 2026 komplett auf sandige Auswärtsspiele einstellen. Auf Sand trainieren kann ich seit kurzem im Rahmen meiner parallelen Mitgliedschaft beim TC Tiergarten, direkt vor meiner Haustür.
Die Meisterschaft und der damit verbundene Aufstieg in die Bezirksoberliga II gelang auch unseren Herren. Allerdings wurden hier zwei der fünf Spiele wegen fehlerhafter Aufstellung und Nichtantreten der Gegner kampflos für den PSV gewertet. Auch wenn unsere Damen in der Bezirksklasse II bisher nur einen Sieg einfahren konnten, war die Sommersaison 2025 die erfolgreichste der bisherigen PSV-Vereinsgeschichte.