Seit der Tischtennis-Senioren-EM vor drei Jahren in Rimini gibt es meine Randnotizen, die ich – wie der Name schon sagt – am Rande der sportlichen Aktivitäten aufschnappe. Während sich die bisherigen Berichte meist mit sportlichen Aspekten befassten, geht es heute um lustige, traurige, kuriose oder erwähnenswerte Ereignisse am Rande.
RN 1: Kjell-Åke am BEG
Beginnen wir am Ende unserer Woche. Am Belgrader Flughafen BEGegnete uns ein sympathischer Schwede mit seiner Frau, den wir bis dahin nicht kannten. Im Gespräch ergab sich, dass er der Bruder des vermutlich besten TT-Spielers aller Zeiten und meines großen Idols ist. Als sein Handy klingelte, besagter Bruder zufällig anrief und im Display Jan-Ove Waldner stand, verflüchtigten sich letzte Zweifel.
In unserem 128er Hauptfeld der AK60 hatte ich zwar Valdner gelesen, aber eben nicht Waldner. Kjell-Åke klärte mich auf, dass in Schweden V und W gleichgestellt sind und es eher eine Frage der Aussprache ist. In Jan-Oves Pass steht auch Valdner, obwohl die Welt ihn als Waldner kennt. Bei Grenzkontrollen oder an Flughäfen ein kleiner, aber feiner Unterschied, der Probleme bereiten kann.
Es gab viel zu erzählen. Beispielsweise, dass ich 1989 bei der Tischtennis-WM in Dortmund – damals noch Student – als Attaché für Nordkorea beim Mannschafts-Halbfinale gegen Schweden mit an der Box saß und hautnah miterlebte, wie Jan-Ove den nordkoreanischen Abwehrspieler Li Gun-sang zerlegte. Kjell-Åkes Bruder holte sich damals den WM-Einzel- und mit Schweden den Mannschaftstitel.
Oder dass Thomas und ich bei der WM 2018 in Las Vegas im Achtelfinale auf Jan-Oves damalige Teamkollegen Erik Lindh und Jörgen Persson trafen. Mit Mikael Appelgren begegnete mir letztes Jahr bei der WM in Rom eine weitere Legende des WM-Teams von 1989. Wir tauschten unsere Nummern, schossen das Titelfoto dieses Beitrags, auf dem ich Kjell-Åke ähnlicher sehe als sein Bruder, und hoffen auf ein baldiges Wiedersehen.
RN 2: Nicolai am BER
Kurz vor meinem Abflug von BERlin nach Belgrad begegnete ich einigen TT-Spielern aus der Hauptstadt, die sich auf den Weg nach Novi Sad machten. Dazu zählte auch Nico Popal, einer der Favoriten auf den Titel in der AK60. Gesetzt an 3-4 wie auch der mehrfache Deutsche Meister Zsolt-Georg Böhm scheiterte Nico aber denkbar knapp im Viertelfinale, während der für Ungarn startende Böhm sich den Titel sicherte.

Nico begrüßte mich am Samstag mit den Worten, dass er gerade meinen Blogbeitrag mit den Kümmerlingen gelesen hatte, der noch „druckfrisch“ war. Er startete im Doppel der AK55 mit dem jüngeren Andreas aus Berlin. Bei 800 TTR-Punkten Differenz ging offensichtlich Freundschaft vor Spielstärke und beide belegten Platz 3 der Consolation.
RN 3: Check-in für Fortgeschrittene
Dass Karin zwei Tage später als geplant nachkam, berichtete ich bereits. Das kostete inkl. kurzfristiger Flugbuchung über die Kreditkarte von Thomas aus Novi Sad statt Bühl, Abholung vom Flughafen und Akkreditierung just in time mit bereits geschlossener Doppelmeldung schon Zeit und Nerven. Es kam aber noch schlimmer …
Als Karin für den Rückflug einchecken wollte, war dieser verschwunden. In stundenlangen Telefonaten mit der Lufthansa-Hotline stellte sich heraus, dass Thomas seine Frau beim Hinflug in der App entfernt hatte, um selbst einchecken zu können. Dadurch ging Karins Rückflugticket verloren und musste neu gekauft werden. Dieses stellte sich als „störrisch“ heraus und ermöglichte erst spät abends vor unserem Abflugtag nach weiteren Telefonaten mit der Hotline den Online-Check-in. Karins Nerven lagen blank …
Dass Wizzair meine Online-Bordkarte bis heute als ungültig anzeigt, machte mir weniger Sorgen und stellte sich beim Offline-Check-in als problemlos heraus. Was lernen wir daraus für künftige Flüge? Für mehr Flexibilität – auch bei kurzfristigen Krankheiten etc. – entweder separat statt gemeinsam buchen oder den fehlenden Reisepartner auf dem Hinflug mit einchecken, um den Rückflug nicht zu verlieren.
RN 4: Auch andere haben Probleme
Wie ich von einer Berlinerin hörte, hatte ein Mitglied ihrer Reisegruppe ganz andere Probleme. Ein nicht mehr gültiger Personalausweis – die komplette Geschichte ist länger – führte bei der Einreise-Grenzkontrolle zur Abweisung plus „Zwangsübernachtung“ am Flughafen und erzwungener Rückreise zum BER am Folgetag. Die EM war gelaufen.
Das von 4 auf 3 reduzierte Team machte am spielfreien Mittwoch einen Ausflug nach Belgrad, der ebenfalls nicht rund lief. Wegen eines über Nacht geschlossenen Parkhauses mussten sich die drei in Serbiens Hauptstadt ein Hotelzimmer suchen und konnten erst am Donnerstag ihr Auto befreien und den Rückweg nach Novi Sad antreten.
Wie mir ein Berliner in der Check-in-Schlange am Belgrader Flughafen kurz vor dem Rückflug erzählte, wurde seinem 14-köpfigen Berliner Team eine Woche vor der EM ihre Airbnb-Luxusvilla storniert. Zum Glück gelang kurzfristig und rechtzeitig die alternative Buchung von 7 Doppelzimmern in einer Apartmentanlage.
RN 5: Vereinskameradin Sanae
Erst in Novi Sad stellte sich heraus, dass ich aus meinem Verein nicht alleine bei der EM antrat. Da ich für den Steglitzer TTK nur bei Ligaspielen am Start bin und nie trainiere, begegnet man sich in der Sporthalle nicht. Auch dabei war Sanae aus unserer 3. Damen, die bei der AK45 ihr Glück versuchte. Die gebürtige Japanerin blieb in den Einzeln ihrer Gruppe wie auch der Consolation sieglos.

Dies änderte sich aber im Doppel, wo Kanematsu/Gäbler (GER) in ihrer 3er Gruppe ein Sieg zur Qualifikation für das Hauptfeld reichte. Ein Freilos dort in Runde 1 bescherte den beiden sogar den Einzug ins Achtelfinale.
RN 6: Köppi hat Geburtstag
Einer der erfolgreichsten BeTTV-Senioren, der mit meinem Ex-Mannschaftskollegen und -Doppelpartner Uwe wie schon in Rom im Doppel antrat, hatte während der Woche in Novi Sad Geburtstag. Mit Krönchen und Scherpe dekorierten ihn daher Uwe und seine Frau bzw. „Coach“ Michaela. HAPPY BIRTHDAY, Stephan!

RN 7: Damen 60 ohne Finale
Karin eröffnete mit ihrem Gruppenspiel am Montag gegen die Topfavoritin und WM-Dritte des Vorjahrs Galyna Yenenko (UKR) die AK60 der diesjährigen EM. Dass Yeneko fünf Tage später auch das letzte Damen-Spiel der AK60 bestritt und im Finale stand, war somit keine Überraschung. Aber tat sie dies wirklich?
Zur Überraschung aller: nein! Ihre russische Gegnerin Inna Tikhomirova, die wie alle Aktiven aus Russland und Belarus unter AIN = Athlètes Individuels Neutres lief, wartete vergebens am Tisch, während die Ukrainerin in Tränen aufgelöst an der Box saß und den Weg an den Tisch nicht antrat. Die Interpretation dieser Szene überlasse ich allen Leserinnen und Lesern dieses Blogs.
RN 8: Unsere Serbien-Premiere
Alle unseres sechsköpfigen Teams waren das erste Mal in Serbien. Und wir haben es nicht bereut. Einige Freunde, die sonst auf allen WMs und EMs präsent sind, hatten sich gegen die Teilnahme in Novi Sad entschieden. Von Unruhen bis hohen Schusswaffenquoten waren die Gründe vielfältig, um Serbien als Reiseland auszulassen.
Alle Erfahrungen, die wir vor Ort oder im Vorfeld mit serbischen Landsleuten sammeln durften, waren ausnahmslos positiv. Von der Kommunikation mit den Schwestern Biljana und Snezana zu unserer Villa inkl. Empfang und Abschied mit ihrer Mutter über Begegnungen bei Autoverleih, Turnierleitung im Restaurant oder mit Nachbarn verlief alles gastfreundschaftlich und herzlich in meist bestem Englisch oder sogar Deutsch.
RN 9: 5 Top Team, top Villa
Abschließend möchte ich unser tolles Team und die schöne Villa erwähnen, in der wir eine super Woche hatten. Auf WMs und EMs waren wir bisher mit 4 bis 10 Personen unterwegs. Aus logistischen und kommunikativen Gründen stellte sich 6 als optimale Gruppengröße heraus. Besonders erwähnt sei „Coach“ Jenny, die uns immer wieder mit Leckereien aus der Küche überraschte.

Mit unserer nur 7 km von der Wettkampfstätte entfernten Villa mit Pool direkt an der Donau hatten wir eine sehr gute Wahl getroffen. Auch wenn es bei den Duschen in Sachen Wasserdruck und Temperatur Optimierungspotenzial gab, war sonst alles tip top. Tagsüber genossen wir außerhalb unserer Wettkampfzeiten den Pool und abends den nur wenige Meter vom Donauufer entfernten Grill- und Chill-Bereich.
Schlusswort und Fazit
Mit zunehmendem Alter spielt das Thema Gesundheit eine immer wichtigere Rolle. Wenn wir bedenken, dass die EM 2022 und WM 2024 bei uns von Corona und Verletzungen geprägt waren, können wir dieses Jahr glücklich sein, dass alle von uns top fit waren. Auch meine Eltern, deren Gesundheit meine Teilnahme bis zum letzten Tag in Frage stellte, hielten sich daheim die Woche tapfer.
Organisatorisch gab es u. a. zur Website oder zum Fehlen eines Zeitplans einige Kritik. Vor Ort lief es deutlich besser und wir waren zufrieden, wobei erspielte Ergebnisse oft erst Stunden später online waren. Eine schöne Idee waren zwei XXL-Schlägerhölzer, auf denen man sich mit seiner Unterschrift verewigen konnte.

Sehr gelungen war die Outdoor-Freizeitzone direkt vor den Hallen, in der man sich nach seinen Spielen mit Wegbegleitern traf und es an kulinarischer Versorgung nicht mangelte. Nach „getaner Arbeit“ floss hier auch das Bier in Strömen, was nicht immer selbstverständlich war, wenn ich auf die EM 2019 in Budapest zurückblicke.
Weitere Pluspunkte boten gleich drei Trainingshallen, die fast immer die Möglichkeit zum Warmspielen boten. Übrigens auf guten Tischen mit aus meiner Sicht hervorragenden Bällen der chinesischen Marke YINHE, die in Deutschland/Europa kaum bekannt ist.
Sportlich …
… lief es bei einer EM für uns zumindest im Doppel nie besser, auch wenn es erneut nicht für eine Medaille reichte. Thomas und ich spielten bis zum Achtelfinale das beste Doppel seit Jahren. Weiter als wir kam kein deutsches Duo unserer Altersklasse. Karin und Petra erreichten sogar das Viertelfinale. Da Uli und sein zugeloster Partner Guido nicht eingespielt waren, konnte man nicht zu viel erwarten.
Am Ende gingen 35 Medaillen in 10 Altersklassen an Deutschland, das mit ca. 800 Aktiven ein Drittel des Starterfelds belegte. Gegenüber der letzten EM vor zwei Jahren in Sandefjord/Norwegen mit damals 51 Medaillen ein eher enttäuschendes Ergebnis. Erfolgreichste Deutsche mit je zweimal Gold waren neben Hans Nolte (AK90) die ehemaligen Deutschen Meister im Doppel Wilfried Lieck (AK80) und Manfred Nieswand (AK70).
Für Berlin holte das erfahrene Doppel Rudolf Steiner und Dietmar Diesing bei den 75ern Europas Krone. Gratulation an alle Medaillengewinner/innen und besonders – auch in meiner Funktion als Referent für Seniorensport des BeTTV – an Rudi und Didi.
Wie es für unser Team 2026 und 2027 bei der WM in Gangneung/Südkorea und der EM in Riga/Lettland weiter geht, steht noch in den Sternen.