Die EM der Tischtennis-Oldies 2022 in Rimini ist Geschichte. Unsere massive Erlebnisdichte der Woche in Bella Italia erforderte eine intensive „Verdauungspause“. Dabei ging es nicht nur um Tischtennis sondern auch um viele Begegnungen und Ereignisse, die ich hier mal in einigen Randnotizen zusammenfassen möchte.
RN 1: Mit Gitarre und Nähmaschine am Pool
Eine gute EM kann man nur spielen, wenn die Rahmenbedingungen passen. Die meisten von uns begleitete die „bessere Hälfte“, was die Motivation am Tisch und den Spaß außerhalb der Sporthalle deutlich steigerte. Fehlen nur noch gutes Wetter und ne tolle Unterkunft. Für beides galt: Volltreffer! Das über Airbnb für eine Woche gemietete Landhaus mit Pool war super. Zwar 50 km inkl. Mautstraße vom Spielort Rimini entfernt, dafür aber ruhig gelegen auf nem großem Grundstück mit Auffahrt à la Dallas oder Denver Clan … falls das noch jemand aus dem TV kennt.
Hier wurde abends gesessen, geredet, gekocht, gegrillt, gegessen, getrunken und gesungen. Wunderbar. Lobend zu erwähnen: Gastgeber Nik, der unsere Wünsche nach einer größeren Kaffeemaschine, nem Wasserkocher oder neuem WLAN-Router innerhalb von nur Stunden erfüllte. Eine klare Urlaubsempfehlung! Die 10 Minuten entfernte Altstadt von Fano wie auch den Strand sahen wir Aktiven leider nur einmal. Unsere drei „Spielerfrauen“ glichen dies tatkräftig aus.
Einige von uns waren bereits seit 1986 über viele Jahre bei einem ähnlich großen Turnier in Esbjerg/Dänemark dabei. Schon damals wohnten wir in Ferienhäusern mit Pool. Mal schauen, ob wir diese Tradition im nächsten Jahr bei der EM in Sandefjord wie bisher im eigenen 10er Haus mit Selbstversorgung oder in kleineren Unterkünften von Europas größtem Convention Village mit Vollpension fortsetzen. Im 2er Apartment z. B. für 140,- € die Nacht … pro Person! Norwegen wird teuer, so oder so.
Musikalisch wurde es, wenn Thomas zur Gitarre griff und alle zum Mitsingen animierte. Irgendwann stimmten selbst passionierte Nichtsänger/innen mit ein. Den täglich von Lirim gereinigten Pool nutzte Gesa mit morgendlichen oder abendlichen Bahnen im dreistelligen Bereich am intensivsten. Jenny hatte ihre Nähmaschine dabei und konnte Einkäufe aus Fanos Altstadt in Form von Kleidern und Stoffen direkt maßschneidern.
RN 2a: Das bleibt in der Familie
Wie schon berichtet musste Volker seine Teilnahme bzw. Premiere bei einer EM wegen einer COVID-Infektion kurzfristig absagen. Nach 2016 in Alicante das zweite Mal dabei war sein Bruder Olaf samt Freundin Gabi. In Spanien noch als unsere Coaches am Start, war dies auch 6 Jahre später für Italien so geplant. Olafs aktive Tischtenniszeit liegt 15 Jahre zurück. Er besitzt nicht mal mehr einen Schläger.
Am ersten gemeinsamen Abend beim kühlen Bier im warmen Fano kam uns eine Idee: Warum Volkers Anmeldung ersatzlos verfallen lassen? Warum übernimmt nicht einfach sein Bruder? Der Nachname passt, es bleibt also in der Familie. Und da nicht mit vorderen Platzierungen zu rechnen ist, schadet es auch niemand. Im Gegenteil: In einer 4er Gruppe, die sonst nur eine 3er wäre, freuen sich alle über jedes Spiel.
Gesagt, getan. Nach anfänglichen Bedenken akkreditierte sich Olaf mit Volkers Voucher und Gabis Zuspruch am Sonntag zusammen mit uns anderen 5 Aktiven. Den Schläger gab’s von mir, das Trikot von Thomas und Hallenschuhe käuflich auf einem der Messestände. Was niemand erwartete: Olaf gewann ein Gruppenspiel! Daran konnte auch das Gegner-Coaching eines nach jedem Ballwechsel an der Bande gestikulierenden Shaolin-Mönchs – zumindest sah er so aus – sowie des top gesetzten Fejer-Konnert nichts ändern. Kaum ein Spiel der Halle hatte so viele Zuschauer wie dieses.
Auch im Doppel schaffte Olaf mit seinem zugelostem Partner einen Sieg, was Platz 3 in der 4er Gruppe bedeutete. Da das zweitplatzierte Doppel auf die Qualifikation für die Hauptrunde verzichtete, rückte Olafs nach und ging am Freitag tatsächlich dort an den Start. Hier reichte es aber nicht zu weiteren Siegen. Alles in allem aber unter diesen Umständen mehr als ein Achtungserfolg. Vielleicht ja sogar die Reanimation einer TT-Karriere.
RN 2b: Zsolt-Georg und Benedikt
Zum Randnotiz-Thema „Familie“ klopfte ich am Dienstag Zsolt-Georg Böhm auf die Schulter: „Hallo Georg, wir kennen uns nicht … aber ich spiele mit deinem Sohn in einer Mannschaft“. Der 14-fache Deutsche Meister war zugleich überrascht wie erfreut: „Ach ja, in Berlin? Wer ist stärker?“ Ich: „Benni ist eigentlich besser als ich, aber bei unserer Vereinsrangliste vor nem Monat konnte ich ihn überraschend hinter mir lassen“.
Nun kennen mich beide Böhms und wir hielten den Moment im Foto fest. Am Freitag vor unserem Doppel-Achtelfinale sprachen wir darüber, dass die Begegnung Huck/Wode gegen Böhm/Fejer-Konnert im Halbfinale möglich wäre. Bei diesem Traum auf eine Medaille blieb es dann aber auch, zumindest für Thomas und mich. Wie stark Georg in seinen besten Jahren war, zeigt dieser tolle Ballwechsel gegen Jan-Ove Waldner.
RN 3: Der spielfreie Mittwoch
Ja, wir waren wegen Tischtennis in Italien. Aber nicht alle und nicht nur! Seit unseren Trips zu Europas größtem TT-Turnier nach Esbjerg/Dänemark in den 80/90/2000ern wurde unser Sport immer mehr auch durch nicht TT-spielende Freunde und die gemeinsam verbrachte Zeit bereichert. Daher freuten sich alle auf den traditionell spielfreien Mittwoch. Was könnten wir tun? Vielleicht ein anderes Land bereisen? Und schon waren wir uns einig: Es ging nach San Marino!
Während Thomas und die noch angeschlagene Karin in Fano blieben und ein Fisch-Restaurant besuchten, machten sich die anderen 7 auf den Weg Richtung Kleinstaat. Die Fahrt über teilweise enge Landstraßen führte uns durch riesige Sonnenblumenfelder. Der Weg war das Ziel! Im bergigen San Marino begegneten wir diversen TT-Spielern, die offensichtlich die gleiche Idee hatten. Olafs Begegnung: ein Papagei, der seinen legendären Godzillaschrei mit Flügelschlag zur großen Freude aller nahezu perfekt imitierte. Wir speisten vor dem Regierungsgebäude und erlebten wie die zwei Staatsoberhäupter ihre schwarzen Audis mit KFZ-Kennzeichen SM001 und SM002 bestiegen.
RN 4: Ein fabelhafter Abend mit Celestino
Unser „Host“ Nik hatte angeboten, am Donnerstag vor unserem Landhaus eine individuelle und exklusive Weinprobe zu organisieren. Das war genau nach unserem Geschmack! Da unsere geringen Erfolgsaussichten auf vordere Platzierungen im Einzel durchgehend bestätigt wurden, konnten alle nach frühem Ausscheiden abends rechtzeitig teilnehmen. Gegen 18:30 fuhr Winzer Celestino bei uns vor und hatte einiges im Gepäck.
Neben italienischer Mortadella und Käse standen zum Start des Events 9 Flaschen Wein in weiß, rot und rosé sowie 2 Grappa auf dem Tisch. Wir hatten mit einer deutlich kleineren Auswahl gerechnet. Hartgesottene unter uns testeten alle, andere konzentrierten sich mit „I skip this one“ auf ihre Favoriten. Nik hatte uns bereits angekündigt, dass Celestino gern ein paar Bälle Tischtennis mit uns spielen wollte. Damit endete dieser schöne Abend.
Am nächsten Morgen ging es allen gut. Kopfschmerzen blieben wie versprochen aus. Die Weine und der Grappa hatten die angekündigte Qualität. Also fuhren drei Abgesandte unseres Teams zu Celestino und kauften 42 Flaschen Wein und 7 Grappa für unser Team. Dazu gab’s ne Besichtigung des Weinguts und der Abfüllanlagen. Anschließend ging’s mal wieder in die Sporthalle zur Doppel-Finalrunde bzw. Consolation.
RN 5: Zurück in Deutschland
Erst in Deutschland stellten wir fest, dass vom leckeren Vino Giocasta statt 12 x bianco leider 12 x rosso eingepackt wurden. Auch dieses Luxusproblem werden wir lösen. Verteilt wird der Wein, den alle Flugreisenden nicht transportieren konnten, im August bei der Silberhochzeit von Karin & Thomas. Beim Wiedersehen unseres gesamten Teams in BaWü werden wir sicher auch ein Auge Richtung EVC 2023 in Sandefjord/Norwegen werfen. Die WVC 2023 in 6 Monaten in Muscat/Oman werden wir aus verschiedenen Gründen auslassen.
Die Tage erreichte mich eine Nachricht aus England. Meine u. a. mit der Aufschrift wode.de/blog individualisierten Kümmerlinge verteile ich bei WMs und EMs seit Jahren an meine Gegner. So auch in Rimini und besonders gern an das sympathische englische Doppel der zweiten Hauptrunde John Poysden und Phil Snelson. Phil folgte offensichtlich meinem Link, kontaktierte mich per Facebook und schickte Fotos des vollen und anschließend geleerten Kümmerlings mit den Worten „About to enjoy a little tipple in the sun, cheers Peter“. Wir hoffen auf ein baldiges Wiedersehen „on the circuit“.
Inzwischen sind auch unsere letzten Rimini-Reisenden zurück, die noch eine Woche Toscana dranhängten. Leider endete es teilweise so wie alles begann: unter keinem guten Stern. Bei Olaf mit Flug-Stornierung und 22-stündiger Heimreise von Bologna, ab München per S-Bahn, Zug und Taxi. Bei Uli und Jenny mit Corona und vorzeitigem Urlaubsabbruch. Auch mein Muskelfaserriss meldet sich nach einem Tennismatch zurück. Die Woche in Rimini und Fano war aber toll, wie auch ein Video des Veranstalters zeigt! Dieses positive Fazit lasse ich mir nicht nehmen.
Oh Peter, was für ein toller Bericht! Da konnte man euch ja jeden Tag bei euren Erlebnissen begleiten. Eine schöne Zeit, der TT-Urlaub in Rimini, in dem es nicht nur um TT ging, sondern um eine langjährige freundschaftliche Beziehung.